Ist die Roboterapokalypse da?
Leute,
ich habe gerade einen Artikel gelesen, laut dem jeder neu eingesetzte Roboter sechs Arbeitsplätze vernichten soll.
Vielleicht haben die Autoren recht, übersehen meines Erachtens jedoch einige Tatsachen. Anfang des 19. Jahrhunderts, als die wasserbetriebenen Webmaschinen die Handweber arbeitslos machten, protestierten die Maschinenstürmer. Natürlich war dieser technologische Fortschritt einschneidend und vernichtete Arbeitsplätze an den manuellen Webstühlen. Im Gegenzug sanken jedoch die Tuchpreise, sodass Kleidungsstücke für die Mittel- und sogar die Unterschicht wesentlich erschwinglicher wurden. Zugegebenermaßen mussten die Handweber sich ein neues Gewerbe suchen und möglicherweise wasserbetriebene Webmaschinen entwerfen, montieren, installieren, warten oder auch verkaufen. Bei zunehmender Verbreitung der industriellen Revolution gab es sicherlich einige Nachteile, letztendlich profitierten jedoch beinahe alle von der Industrialisierung.
Genauso verhält es sich meiner Meinung nach bei den modernen Robotern. Der oben genannte Artikel fährt fort, dass die von Robotern ersetzten Arbeiten langweilig und repetitiv seien, beispielsweise Schweißen in der Automobilfertigung. Darüber hinaus erfordern diese Roboter normalerweise mehr Unterstützung seitens der Menschen, als manche denken mögen. Dies erinnert mich an das Konzept der „Lights-out-Factory concepts“ aus den 1990er-Jahren, das niemals eingetreten ist. Die Elektronikfertigung ist noch nicht an dem Punkt angelangt, an dem keine Menschen mehr benötigt werden.
Abbildung 1. Für die Elektronikfertigung entwickelter Roboter
Die Roboter selbst müssen gewartet, „unterstützt“, programmiert, entworfen und gefertigt werden. Ich glaube weiterhin, dass am Ende mehr Produktivität und günstigere Produkte für alle herauskommen werden, ganz zu schweigen von erfüllenden und interessanteren Arbeitsplätzen für uns Menschen. Um weiterhin beschäftigungsfähig zu sein, müssen die heutigen Arbeitnehmer ihre Fähigkeiten auf dem neuesten Stand halten, wenn sie nicht in einer Welt mit immer weniger Jobs für ungelernte Arbeiter zurückbleiben wollen. Ich sehe jedoch keine „Roboterapokalypse“ wie die Washington Post. Die Washington Post geht von einem enormen Verlust an Arbeitsplätzen aufgrund der Automatisierung aus.
Selbst Aufgaben von Angestellten wie das Stock-Picking können inzwischen von Computeralgorithmen ausgeführt werden. Die Fondsgesellschaft Blackrock setzt auf diesen Trend. Ich glaube jedoch, dass die künstliche Intelligenz (KI) größtenteils mit den Menschen arbeiten und diese nicht ersetzen wird. Mein Freund Aaron Brown hat darauf hingewiesen, dass Computer inzwischen Schachgroßmeister routinemäßig schlagen, ein absolut unschlagbares Team jedoch aus einem menschlichen Schachexperten und einem Computer besteht.
Aber wie klug ist die KI? So klug, dass wir in einer Generation alle von Robotern ersetzt werden? Wohl kaum.
Schon frühe KI-Pioniere sahen künftigen KIs zuversichtlich entgegen. Denken Sie nur an dieses Zitat eines 1956 am Dartmouth College durchgeführten Workshops:
„Das Fachgebiet wurde auf der Ansicht gegründet, dass die menschliche Intelligenz im Prinzip so präzise beschrieben werden kann, dass sich eine Maschine konstruieren lässt, die sie vollständig simuliert.“
Wow! Inzwischen wissen wir genug, um zu erkennen, dass eine „präzise Beschreibung“ der menschlichen Intelligenz weder heute noch in der absehbaren Zukunft im Bereich des Möglichen liegt.
Schon vor dem Treffen in Dartmouth wurde der Turing-Test aus dem Jahr 1950 als der ultimative Test für KIs angesehen. In den meisten Visualisierungen dieses Tests sitzt ein Mensch an einer Tastatur und kommuniziert entweder mit einem anderen Menschen oder einer KI. Wenn die KI vom Menschen als menschlich wahrgenommen wird, besteht sie den Test.
In neuester Zeit haben Forscher erkannt, dass der ursprüngliche Turing-Test durch Täuschung umgangen werden kann. Gary Marcus ausgezeichneter Artikel in der Märzausgabe 2017 des Scientific American befasst sich mit diesem Problem. Marcus argumentiert, dass es inzwischen vier Testkategorien gibt, die eine KI bestehen müsste. Ich empfehle Interessierten an diesem Thema, den vollständigen Artikel zu lesen, und schildere nachstehend zwei der Tests, um aufzuführen, wie weit KIs heutzutage davon entfernt sind, die modernen Versionen des Turing-Tests zu bestehen.
Der erste Test ist die sogenannte Winograd Schema Challenge. Dieser Test stellt einfache, jedoch mehrdeutige Sätze bereit, die ohne echtes Urteilsvermögen nicht zu verstehen sind. Winograd selbst führt ein Beispiel auf:
„Die Gemeinderäte verweigerten den Demonstranten die Genehmigung, da sie Gewalt befürchteten.“
Die Testfrage lautet: „Wer befürchtete Gewalt?“
Menschen können anhand des gesunden Menschenverstands und kultureller Normen zuverlässig folgern, dass es die Gemeinderäte sind. Marcus hebt hervor, dass die besten KIs 2016 nur 60 % dieser Art von Fragen korrekt beantworten konnten.
Der physisch verkörperte Turing-Test ist ein weiteres Verfahren. Dieser Test kann beispielsweise darin bestehen, jemanden nach der Erteilung einiger Anleitungen eine Mauer aus Bausteinen bauen zu lassen. Dies ist eine Aufgabe, die jedes zweijährige Kind lösen kann. Marcus weist darauf hin, dass diese Art von Problem für die derzeitigen KIs eine echte Herausforderung darstellt.
Das hat mich an das Gestell zur Ablage einer Langhantel erinnert, das ich vor Kurzem bestellte. Das Montageset wurde ohne Anleitung angeliefert. Ich würde nicht behaupten, besonders geschickt zu sein, konnte das Gestell jedoch ohne Anleitung in 10 Minuten zusammenbauen. Laut dem Artikel von Marcus sind KIs noch Jahrzehnte von dieser Fertigkeit entfernt. Selbst mit Anleitungen wäre eine heutige KI nicht in der Lage, das Gestell zusammenzubauen.
Abbildung 2. Das Langhantelgestell, das ich ohne Anleitung montiert habe, war eine einfache Aufgabe. Kein Roboter mit KI könnte diese Aufgabe heutzutage auch nur annähernd lösen.
Die Recherchen für diesen Beitrag haben mir die Augen geöffnet. Obwohl ich hinsichtlich des angeblich fortgeschrittenen Entwicklungsstands von KIs schon immer skeptisch war, weisen die von mir durchgeführten Studien darauf hin, dass viele Jahrzehnte vergehen werden, bevor KIs auch nur hoffen können, die modernen Turing-Tests zu bestehen. Meiner Ansicht nach weisen Skeptiker schnell auf Schwächen hin, falls eine KI den Test besteht, wobei wahrscheinlich Jahre vergehen werden, diese Skeptiker zu überzeugen.
Meine Überlegungen zu KIs, Robotern und selbstfahrenden Autos landen immer bei derselben Schlussfolgerung: Es werden interessante Fortschritte erzielt, aber die Einzigartigkeit von Menschen wird dabei immer unterschätzt. Ich kann nicht erkennen, dass all diese Technologien sich in der näheren Zeit signifikant auf die Arbeitsplätze von Menschen auswirken werden. Wichtig wird jedoch sein, dass wir alle ständig unsere Fähigkeiten überdenken und verbessern. Erinnern Sie sich daran, dass einige Pferdemistsammler durch die Erfindung des Automobils aus ihren Jobs verdrängt wurden und zahlreiche Holzfäller sich mit der Einführung des automatischen Warmwasserbereiters neue Arbeit suchen mussten. Nur wenige würden die Rückkehr dieser beiden Tätigkeiten ersehnen.
Die industrielle Revolution hat viele neue Unternehmen geschaffen und dank der Arbeitsgesetze schließlich auch den Lebensstandard der meisten Menschen erhöht. Ich bin davon überzeugt, dass die heutigen Fortschritte neue Industrien und damit neue Arbeitsplätze schaffen werden. Die aktuelle Situation untermauert diese Ansicht, da die meisten der wertvollsten Unternehmen wie Apple, Microsoft, Facebook, Google usw. vor 50 Jahren nicht existierten. Neue Technologien haben diese Unternehmen und damit zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen. Gibt es irgendeinen Grund, dass sich dieser Trend nicht fortsetzen sollte?
Danke,
Dr. Ron
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