Vorsicht vor raffgierigen Verlegern
Leute,
vor einigen Wochen fand ich diese E-Mail in meinem Posteingang:
Sehr geehrter Dr. Ronald C Lasky,
guten Morgen
Nun, wir sind im Defizit von Artikeln für die erfolgreiche Veröffentlichung der kommenden Ausgabevon unserer Zeitschrift XXX. Ist es wahrscheinlich für Sie, uns mit Ihrem wertvollen Manuskript für diese Ausgabe vor dem 27. Juni 2019 zu unterstützen?
Falls dies kurzfristig ist, senden Sie uns bitte eine 2seitige Meinung/Mini-Review, wir hoffen ein 2seitiger Artikel ist nicht Zeitaufwand für renommierte Person wie Sie.
Wir hoffen, Sie werden unser Anliegen mit Ihrer wertvollen Einreichung erfüllen und warten auf Ihre wertvolle optimistische Antwort.
Bitte bestätigen Sie diese E-Mail innerhalb von 24 Stunden.
Hochachtungsvoll,
Beachten Sie, dass das Deutsch ein wenig seltsam klingt. Nun ja, ich wollte helfen und wusste, dass manche deutschsprachige Zeitschriften in anderen Ländern herausgegeben werden (was das seltsame Deutsch erklärt). Nach einiger Überlegung bot ich daher einen zweiseitigen Gastbeitrag an. Der Artikel sollte meine zahlreichen Abenteuer beim Schreiben über die Berechnung von Legierungsdichten behandeln.
Ich schrieb also einen 2,5 Seiten langen Gastbeitrag und reichte ihn ein. Man antwortete mir, der Beitrag würde gegen einen Zahlung von 600 Dollar zur Unterstützung der Publikation veröffentlicht werden. Ich lehnte dies ab und erhielt ein neues Angebot über 300 Dollar. Schließlich wurde der Beitrag kostenlos veröffentlicht, nachdem ich die 300 Dollar ebenfalls abgelehnt hatte.
Ich recherchierte ein wenig und fand heraus, dass es eine gesamte Branche mit Tausenden von Herausgebern gibt, deren Geschäftsmodell darin besteht, Beiträge praktisch ohne Peer-Review (obwohl dies behauptet wird) gegen Bezahlung zu veröffentlichen. Sie reichen von beinah legitim bis hin zu Betrügereien. Anscheinend gehört der Verlag, der mich angesprochen hat, zur legitimen Kategorie. Ich habe einige Artikel seiner Werkstoffzeitschrift gelesen und sie erschienen mir angemessen. Außerdem konnte ich die Autoren und deren Institute online finden. Ich bezweifele jedoch, dass die Artikel einer Peer-Review unterzogen wurden, und das Anfrageschreiben an mich war eindeutig ein Serienbrief. Ich habe ein ähnliches Schreiben online gefunden.
Yale verfügt über eine ganze Liste verdächtiger Zeitschriften und ein Bibliothekar namens Beall hat eine unabhängige Liste zusammengestellt. Bealls Liste umfasst Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von Zeitschriften. Beall wurde daraufhin von einigen Zeitschriften auf seiner Liste stark unter Druck gesetzt und nahm die Liste 2017 aus dem Netz. Die Geschichte seiner Liste ist jedoch gut dokumentiert. In der akademischen Welt mit ihrem Publish-or-perish-Grundsatz nehme ich an, dass diese betrübliche Entdeckung nicht gerade eine Überraschung ist.
Nun ja, mich hat die Veröffentlichung nichts gekostet und ich besitze weiterhin das Copyright!
Danke,
Dr. Ron
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