Das Einmaleins des Lötens: II: Das Wunder des Lötens
Leute,
Ötzi, der Mann aus dem Eis, war vor 5.500 Jahren wirklich zu bedauern. Annahmen zufolge soll er Kupfer verhüttet haben, da sowohl Kupfer- als auch Arsenpartikel, ein Spurenelement einiger Kupfererze, in seinem Haar gefunden wurden. Er zog sich nicht nur langsam eine Arsenvergiftung zu, sondern musste zum Verhütten von Kupfer außerdem Holzfeuertemperaturen von ca. 1085 ºC erreichen, wie in meinem letzten Beitrag bereits erläutert wurde. Das Arsen im Kupfer hatte allerdings auch seine Vorteile, da es dem Kupfer eine höhere Festigkeit als die von reinem Kupfer verlieh.
Kurz nach Ötzis Zeit entdeckten Metallverarbeiter, dass man bei Beigabe von 10 % Zinn zu Kupfer Bronze erhält. Bronze ist nicht nur erheblich fester als Kupfer, sondern schmilzt außerdem bei einer Temperatur von beinah 100 ºC unter der von reinem Kupfer, was die Metallverarbeitung stark erleichtert. Das war der Beginn der Bronzezeit. Dieser Zeitraum fiel mit dem Beginn moderner Zivilisationen wie denen in Ägypten und Griechenland zusammen.
Da es bei einer geringeren Temperatur schmilzt, lässt sich Bronze zudem besser in Formen füllen. Diese verbesserte Formbefüllung ist auf der Abbildung 1 zu erkennen. Dieses Foto zeigt ein von mir angefertigtes Kupfer- und Bronzebeil. Beim Kupferbeil links ist die schlechte Formbefüllung klar zu erkennen.
Abbildung 1. Kupfer- (links) und Bronzebeile, die von Dr. Rons Kurs am Dartmouth College ENGS 3: Werkstoffe: der Stoff der Zivilisation. Beachten Sie die schlechte Formbefüllung des Kupferbeils aufgrund der höheren Schmelztemperatur von Kupfer.
Meiner Ansicht nach steht die Bronzezeit fast sicher mit der Entwicklung des Lötens in Zusammenhang. Der erste Nachweis eines Lötverfahrens stammt aus der Zeit von 3000 v. Chr., als die wahrscheinlich erste Hochkultur, die Sumerer, ihre Schwerter mit Hochtemperaturloten montierte. Da das Grundmetall der meisten Kupfer-Kupfer-Lotverbindungen Zinn ist, entdeckten die frühen Metallverarbeiter sicherlich, dass Zinn bei viel niedrigeren Temperaturen als denen beim Verhütten verwendet werden konnte, um Kupfer- oder Bronzeteile zu verbinden.
Bis zu den Einschränkungen der Europäischen Union in Bezug auf Blei in Lotmaterialien im Jahr 2006 bestanden die meisten Elektroniklote aus eutektischem Zinn-Blei. Eutektisch stammt aus dem Griechischen und kann ungefähr als „einfach schmelzend“ übersetzt werden. Die Abbildung 2 zeigt das Zinn-Blei-Phasendiagramm. Beachten Sie, dass der Schmelzpunkt von Zinn 232 ºC und der von Blei 327 ºC beträgt, bei der eutektischen Konzentration von 63 % Zinn/37 % Blei jedoch auf 183 ºC sinkt. Diese Konzentration und Temperatur ist als der eutektische Punkt bekannt.
Abbildung 2. Das Zinn-Blei-Phasendiagramm. Beachten Sie den eutektischen Punkt bei 183 ºC.
Nach Inkrafttreten des EU-Verbots basieren die meisten Elektroniklote auf einer Zinn-Silber-Kupfer-Legierung, die im Bereich von 217-225 ºC schmilzt. Die üblichste dieser Legierungen ist SAC305 (Sn96,5Ag3,0Cu0,5, wobei die Zahlen Gewichtsprozent sind.)
Obwohl der eutektische Punkt angesichts seines niedrigen Schmelzpunkts ein interessantes und vorteilhaftes Phänomen ist, besteht das wahre Wunder darin, dass zwei Kupferstücke, die bei einer Temperatur von 1085 ºC schmelzen, mit einem zinnbasierten Lot bereits bei weniger als 232 ºC miteinander verbunden werden können. Der Wert dieses Vorteils kann nicht genug betont werden. Die Natur hat es uns erlaubt, zwei Kupferstücke bei einer ausreichend niedrigen Temperatur mechanisch und elektrisch zu verbinden, dass diese Verbindung bei Vorhandensein elektrisch isolierender Polymermaterialien möglich ist. Ohne diesen Vorteil des Lots hätten wir keine Elektronikindustrie! Ein weiterer Vorteil ist die Bearbeitbarkeit der Verbindung, sodass eine defekte Komponente ausgetauscht werden kann, ohne dass die gesamte Leiterplatte entsorgt werden muss.
s liegt nahe zu fragen, wie diese Verbindung stattfindet: Das Zinn im Lot geht eine metallische Verbindung mit dem Kupfer ein. Normalerweise bildet sich Cu6Sn5 in der Nähe des Zinns und Cu3Sn in der Nähe des Kupfers.Siehe Abbildung 3.
Abbildung 3. Intermetallische Kupfer-Zinn-Verbindungen laut Roubaud et al, „Impact of IM Growth on the Mech. Strength of Pb-Free Assemblies“, APEX 2001.
Wenn Sie also das nächste Mal Ihr Smartphone, Tablet, einen Laptop oder ein anderes elektronisches Gerät verwenden, dann denken Sie daran, dass all dies ohne das Wunder des Lötens nicht existieren würde.
Danke,
Dr. Ron
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