Schmelzen von Legierungen
Hallo Leute,
Richard fragt:
Sehr geehrter Dr. Ron,
neulich hatten wir ein Problem mit der Lötbarkeit von Komponentenleitungen mit Zinnveredelung und SAC305 Lötpaste. Einer unserer Ingenieure behauptete, dass das Problem darin bestünde, dass die Zinnveredelung einen zu hohen Schmelzpunkt (Tm= 232°C) für die SAC305 Lötpaste habe (Tm = 219°C), um sie zu schmelzen.
So wie ich es verstehe, schmilzt oberhalb von 232°C beides und es wird eine gute Lotnaht gebildet, aber selbst wenn die Temperatur unter 232°C, sagen wir 225°C, lag, schmolz das Zinn. Können Sie dieses Phänomen erklären?
Richard,
danke für diese Frage, die auf zweierlei Art und Weisen interpretiert werden kann. Die erste Interpretation wäre, dass in einem Reflow-Ofen, der auf Temperaturen jenseits des Schmelzpunktes beider Materialien eingestellt ist, das Material mit dem höheren Schmelzpunkt verhindert, dass das Metall mit dem niedrigeren Schmelzpunkt geschmolzen wird. Dies ist nicht der Fall, da beide Materialien sich der Raumtemperatur im Reflow-Ofen annähern und schmelzen würden.
Die andere Interpretation ist, dass die Temperatur im Reflow-Ofen oberhalb des Schmelzpunktes der SAC305, jedoch unter der von Zinn liegt. Wie kann das Zinn nun also schmelzen? Gehen wir bei dieser Situation davon aus, dass der Ofen auf 228°C eingestellt ist. Wird das Zinn auf der Leitung oder auf dem Pad schmelzen? Die Antwort lautet: Ja. Lassen Sie uns jedoch das Phänomen zunächst mit Gold und Zinn verstehen.
Metalle, die enorme Unterschiede im Schmelzpunkt aufweisen, lösen sich meistens ineinander auf. Wie Sie bereits feststellten, schmilzt Zinn bei 232°C, wohingegen Gold bei 1064°C schmilzt.
Dieses Phasendiagramm können Sie hier einsehen.
Abbildung 1. Das Gold-Zinn-Phasendiagramm
Um ein Gold-Zinn-Lot herzustellen, benötigt man lediglich ein Zinnbad bei moderater Temperatur, sagen wir 350°C. Führen Sie das Gold ein und es wird schmelzen und in das geschmolzene Zinn hinein fließen. Dies trifft zu, obwohl das Gold erst bei 1064°C schmilzt. Dieser Effekt kann experimentell gezeigt werden. Ein ähnliches Phänomen tritt bei Gold und Quecksilber auf. Quecksilber reagiert mit Gold bei Umgebungstemperaturen. Das Phänomen kann verwendet werden, um kleine Goldpartikel aus der Erde zu lösen und wird heute häufig beim handwerklichen Goldbergbau verwendet. Leider ist diese Verwendung von Quecksilber häufig giftig für die Bergbauleute und verschmutzt die Umwelt.
Um wieder zu Elektronikmontageloten zurück zu kehren, gehen wir davon aus, dass flüssiges Zinn-Blei-Lot auf 200°C erhitzt wird. Siehe Abbildung 2a. Wie man in dieser Abbildung sehen kann, wird ein Zinnball mit einer Temperatur von 25°C über das geschmolzene Zinn-Blei-Lot gehalten. Der Zinnball wird in Abbildung 2b in das geschmolzene Zinn-Blei-Lot getaucht. Das Zinn-Blei-Lot bildet einen Meniskus um das feste Zinn. Selbst bei Raumtemperatur vibrieren die Zinnatome und deshalb werden einige dieser Atome auf dem Zinnball in das Zinn-Blei-Lot fließen. Dadurch entsteht eine Vakanz im Zinnball, die durch ein Bleiatom des Zinn-Blei-Lots gefüllt werden kann. In der Nähe des neu angekommenen Bleiatoms wird der Schmelzpunkt dieses winzigen Zinn-Blei-Legierungspunktes verringert, da Zinn-Blei-Lot einen niedrigeren Schmelzpunkt als Zinn besitzt. Dieser Prozess wird fortfahren, bis das gesamte Zinn sich mit dem Zinn-Blei-Lot vermischt hat und in dieses hinein geflossen ist, wie in Abbildung 2c zu sehen ist.
Abbildung 2a
Abbildung 2b
Abbildung 2c
Abbildung 2d
Abbildung 2e
Abbildung 2f
Unten finden Sie das Video eines Experiments, welches zeigt, wie SAC-Lot in Zinn-Blei-Lot bei 208°C (etwa 10°C unterhalb des Schmelzpunktes von SAC-Lot) fließt. Danke an Mario Scalzo für dieses Video.
Bis bald!
Dr. Ron
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