Intermetalle beim Löten
Freitag, 11. November 2011, von Eric Bastow [Biographie ansehen]
In der Metall-auf-Metall-Bondingwelt sind intermetallische Verbindungen ein notwendiges Übel, was das Löten definitiv mit einschließt. Es gibt zwei grundlegende Wege, damit Metall "chemisch" an ein anderes Metall gebunden wird: 1) feste Lösung 2) intermetallische Verbindung. Wir werden uns für den Moment nur auf intermetallische Verbindungen konzentrieren, da diese in der Welt des Lötens die relevantesten sind.
Viele Leute verwechseln das "Benetzen" mit der Bildung (Bonding) von intermetallischen Verbindungen. Benetzen ist nur Benetzen. Nur weil ein Lot eine Oberfläche "benetzt", heißt das noch lange nicht, dass eine intermetallische "Verbindung" entstanden ist. Zum Beispiel kann 55,5Bi 44,5Pb auf ein Stück Kupfer aufgeschmolzen werden, was ich selbst getan habe. Das geschmolzene BiPb fließt auf die Oberfläche das Kupfers und "benetzt" sie. Beim Erstarren (beim Abkühlen) der Legierung kann das BiPb jedoch wieder abgeschält werden. Warum?... da zwischen dem BiPb und der Kupferoberfläche keine intermetallische Verbindung entstanden ist.
Damit eine intermetallische Verbindung entsteht, muss sich eine gewisse Menge der Obeflächenmetallisierungen im geschmolzenen Lot lösen. Aus diesem Grund war Sn (Zinn) lange Zeit eine entscheidende Komponente von Lötlegierungen. Geschmolzenes Sn (Zinn) ist ein hervorragendes Lösungsmittel für viele andere Metalle. Bequemerweise beinhalten diese "vielen anderen Metall" Elemente wie Kupfer, Gold, Silber und zu einem geringeren Grad Nickel. Die Geschwindigkeit, mit der sich diese anderen Metalle in geschmolzenem Zinn (Lot) lösen schwankt. Gold löst sich ohne weiteres im Lot, während Nickel das nur sehr langsam tut. Da die Lösungsgeschwindigkeit bei jedem Metall anders ist, schwankt die Bildungsgeschwindigkeit für intermetallische Verbindungen ebenfalls. Ich habe mit Firmen zu tun gehabt, die schon sehr lange auf Kupfer löten und aus welchem Grund auch immer sind sie dazu gezwungen zu einer ENIG-Oberfläche (Electroless Nickel / Immersion Gold = Chemisch Nickel Gold) zu wechseln. (Es ist wichtig zu beachten, dass die Goldschicht sehr dünn ist und nur aufgetragen wurde, um das Nickel vor Oxidation zu schützen. Diese Goldschicht löst sich ohne weiteres vollständig im geschmolzenen Lot und die "Bindung" geschieht eigentlich auf der Nickeloberfläche.) Als sie umgestiegen sind, hatten sie manchmal Probleme wie unvollständige Benetzung, eine schlechte Haftfestigkeit, usw. und wussten nicht weshalb. Ihnen ist nicht bewusst, dass das Reflow-Profil (Zeit und Temperatur), welches eine gute (intermetallische) Bindung zu Kupfer erzielte, nicht geeignet ist, um die gleiche intermetallische Verbindung zu Nickel zu erhalten. Sobald sie ihr Profil (mehr Zeit und/oder höhere Temperatur) auf eine hinreichende Bildung von intermetallischen Verbindungen angepasst haben, werden akzeptable Lötverbindungen möglich sein. Beachten Sie, dass die Auflösung, das Phänomen, wenn ein fester Körper sich in einem flüssigen auflöst, von der Zeit und der Temperatur beeinflusst wird. Allgemein gesagt, mehr Zeit und Temperatur ermöglicht mehr Lösung und damit mehr Bildung von intermetallischen Verbindungen.
Wie in meinem Eröffnungssatz erwähnt, intermetallische Verbindungen sind ein notwendiges Übel. Warum "Übel"? Da sie meistens der brüchigste Teil der Lötverbindungen sind. Manche intermetallischen Verbindungen sind brüchiger als andere. (Dies sollte beachtet werden, wenn man eine Lötlegierung für eine bestimmte Metallisierung auswählt) Intermetallische Verbindungen, die sich zwischen Sn und Au bilden, sind zum Beispiel häufig extrem brüchig. Wenn sie brüchig sind, können sie brechen, usw. Dies ist ein Fall, bei dem mehr nicht immer besser bedeutet. Ja, man braucht eine intermetallische Verbindung, um eine "Bindung" zu erhalten. Eine zu dünne intermetallische Schicht ist schlecht; eine zu dicke intermetallische Schicht kann jedoch genau so schlecht sein, wenn nicht gar schlechter. Glauben Sie es oder nicht, das Lot haftet womöglich auf seiner eigenen intermetallischen Schicht nicht. Intermetallische Verbindungen sind im Allgemeinen kristalline und chemisch-stabile Strukturen....sobald sie sich gebildet haben, reagieren sie nicht wirklich mit etwas anderem. Wenn Sie sich jemals eine gebrochene Lötverbindung angesehen haben, dann ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass der Bruch direkt an der Grenzfläche, zwischen der intermetallischen Schicht und der Lotmasse entstanden ist.
Ein anderes mögliches Resultat einer enorm dicken intermetallischen Schicht ist das "Voiding" an der Grenzfläche. - Warum? Nun, wir müssen uns zuerst die Reaktionsprodukte ansehen. Es gibt zwei grundlegende Arten von Reaktionsprodukten, welche die intermetallische Schicht zwischen Sn und Cu bilden. Das sind Cu3Sn und Cu6Sn5. Im ersten Fall sind 3 Cu-Atome an jedem Sn-Atom und im zweiten Fall 6 Cu-Atome an allen 5 Sn-Atomen. In beiden Fällen wird das Cu schneller als die Sn-Atome verbraucht. In einem übertriebenen Szenario, könnten sich auf Grunde dieser Ungleichheit in der Reaktion, kleine Löcher oder Lücken ("Voids") in der Kupferoberfläche bilden.
Die Bildung intermetallischer Verbindungen ist nicht nur auf das Lötverfahren beschränkt. Metallatome können sich selbst im Festzustand vermischen. Und diese Bewegung kann verursachen, dass die Metallatome interagieren, reagieren und intermetallische Verbindungen formen, oder dass die vorhandene intermetallische Schicht dicker wird. Häufig werden "Alterungsexperimente" durchgeführt, um zu messen, wie sehr sich die intermetallische Schicht verändert und welchen Effekt dies auf die mechanische Natur der Verbindung hat.
Es würde den Zweck und Rahmen dieses Blogbeitrags sprengen, eine gründliche Diskussion über intermetallische Verbindungen zu beginnen. Ganze Bücher könnten zu diesem Thema geschrieben werden. Ich werde dem Thema intermetallische Verbindungen als nicht gerecht. Ich hoffe nur, dass ich ein wenig Licht auf das Thema geworfen habe.
Kommentare und Fragen sind gerne willkommen.
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