Der Heilige Gral des Lötens: Niedertemperatur-Reflowlöten für den Hochtemperatur-Einsatz
Leute,
Löten ermöglicht die moderne Elektronik. Ohne Löten gäbe es keine Elektronik. Kupfer schmilzt bei 1085 °C, dank Lot können wir Kupfer jedoch bei etwa 235 °C mit Kupfer verbinden, bzw. mit den heutigen bleifreien Loten bei noch geringeren Temperaturen. Diese niedrigen Temperaturen sind erforderlich, da Elektronikgehäuse und Leiterplatten aus Polymermaterialien bestehen, die Temperaturen weit über 235 °C nicht standhalten.
Vor der Einführung der RoHS-Richtlinien schmolzen Zinn-Blei-Lote bei etwa 35 °C unter der Temperatur von bleifreien Loten. Daher sind die Löttemperaturen heute die höchsten in der Geschichte. Für einige Anwendungen sind Lote wünschenswert, die bei Temperaturen im Bereich der Zinn-Blei-Temperaturen schmelzen. Dieser Wunsch hat das Interesse an Loten mit niedrigem Schmelzpunkt wie beispielsweise Zinn-Wismut-Loten verstärkt. Eutektisches SnBi schmilzt bei 138 °C, sodass Reflow-Ofentemperaturen im Bereich von 170 °C möglich sind. Diese niedrigeren Reflow-Temperaturen sind für einige empfindliche Komponenten und Leiterplatten besser und reduzieren Defekte wie Popcorning und Fleckenbildung von Leiterplatten. Allerdings schränkt der niedrigere Schmelzpunkt von SnBi-Loten deren Anwendung in vielen rauen Umgebungen ein, beispielsweise im Automobil- und Militärbereich. Als Faustregel gilt, dass ein Lot nicht über 80 bis 90 % seines Schmelzpunkts auf der Kelvinskala eingesetzt werden sollte. Bei SnBi-Loten entspricht dieser Temperaturbereich 55,8–96,9 °C und liegt damit weit unter der Einsatztemperatur in einigen rauen Umgebungen. Darüber hinaus können SnBi-Lote spröde sein und daher bei der Fall- und Stoßprüfung schlechte Leistungen erzielen.
Für die Elektronikwelt wäre also ein Lot nützlich, das bei etwas mehr als 200 °C aufschmelzen kann, aber immer noch eine hohe Einsatztemperatur aufweist. Diese Forderung scheint ein unlösbares Dilemma zu sein. Meine Kollegen bei der Indium Corporation haben es jedoch unter der Leitung von Dr. Ning-Cheng Lee gelöst. Sie nahmen ein indiumhaltiges Lotpulver namens Indalloy® 227, das bei 178 °C schmilzt, und kombinierten es mit einem SAC305-Pulver, das bei etwa 217 °C schmilzt. Bei einem Reflow-Verfahren bei etwa 205 °C schmilzt das Indalloy®-Pulver und das SAC-Pulver wird durch das geschmolzene Indalloy® aufgelöst. Um diesen Effekt zu erzielen, muss die Temperatur von 205 °C etwa zwei Minuten lang gehalten werden. Die Umschmelztemperatur der endgültigen Lötstelle liegt über 180 °C. Ich habe das Phänomen, dass ein flüssiges Metall ein anderes, bei einer höheren Temperatur schmelzendes Metall auflöst, in einem vorherigen Beitrag erläutert. Ein extremes Beispiel für diesen Effekt ist Quecksilber, das Gold bei Raumtemperatur auflöst. Lassen Sie also keinen Gold- oder Silberschmuck in einen Wellenlöttopf fallen und denken dann, dass Sie ihn eine Stunde später herausfischen können!
Indalloy® 227 wäre allein keine Lösung, da es teilweise bei 113 °C und teilweise bei 140 °C, vollständig jedoch erst bei 178 °C schmilzt.
Unter Verwendung der oben genannten Kriterien kann die Einsatztemperatur dieser neuen Lotpulvermischung nach dem Reflow-Verfahren im Bereich von 89,4–134,7 °C liegen, da die Umschmelztemperatur mehr als 180 °C beträgt. Von Dr. Lee und seinem Team durchgeführte Tests haben gezeigt, dass die resultierenden Lötverbindungen auch ein gutes bis ausgezeichnetes Temperaturwechsel- und Fall-/Stoßverhalten aufweisen. Die Bezeichnung dieser neuen Lotpaste lautet DurafuseTM LT.
Die Abbildungen 1–3 zeigen schematisch, wie die Indalloy® 227/SAC305-Pulver bei einer Spitzen-Reflow-Temperatur von 205 °C schmelzen.
Abbildung 1. Indalloy® 227- und SAC305-Lotpulver bei Raumtemperatur.
Abbildung 2. Bei 205 °C ist Indalloy® 227 geschmolzen und beginnt, das SAC305 aufzulösen.
Abbildung 3. Nach etwa einer Minute bei 205 °C beginnt sich das SAC305 aufzulösen. Wenn genügend Zeit vergeht, löst es sich vollständig im Indalloy auf, was zu einer neuen Legierung mit einer Umschmelztemperatur von über 180 °C sowie einem guten bis ausgezeichneten Temperaturwechsel- und Fall-/Stoßverhalten führt.
Für mich ist diese Lotpaste eine der bedeutendsten SMT-Erfindungen seit einer Generation. Man könnte argumentieren, dies sei so, als fände man den heiligen Grail des Lötens: Schmelzen bei niedrigen Temperaturen plus Lebensdauer bei hohen Temperaturen. Weitere Informationen über DurafuseTM LT finden Sie in den Blog-Beiträgen meiner Kollegin bei der Indium Corporation Claire Hotvedt.
Danke,
Dr. Ron
PS: Ich habe eine Excel®-Tabelle zur Berechnung der Einsatztemperaturen entwickelt. Sie wandelt Grad C in K um. Ich habe sie zur Berechnung der vorstehenden Einsatztemperaturen verwendet. Wenn Sie eine Kopie wünschen, senden Sie mir eine Nachricht an rlasky@indium.com.
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